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Erholungsgebiet Dammer Berge

Die Sage vom Mordkuhlenberg


Mitten in den Dammer Bergen, etwa 500 Schritt von dem Fahrweg von Damme nach Steinfeld entfernt, erhebt sich ein eigenartiger Berg. An seinem Abhang führte in alter Zeit der Weg nach Dalinghausen durch eine lehmige Schlucht. In diesem Berg befand sich eine Räuberhöhle, deren Spuren man noch erkennen kann. Hier hausten vor langer Zeit drei Räuber und ein Hauptmann. Sie hatten von ihrer Höhle aus dünne Stricke durch die Schlucht gespannt, und wenn Reisende des Weges zogen und die Stricke berührten, so erklangen kleine Silberglocken, die an den Stricken befestigt waren. Dann sprangen die Räuber aus ihrem Versteck heraus, schleppten die Reisenden in ihre Höhle, beraubten und töteten sie.

Eines Tages kam ein Mädchen des Weges gegangen, wie einige sagen die Tochter von Niehaus Hof; die wurde auch in die Höhle gezerrt. In ihrer großen Angst bat sie: "Laßt mich leben, ich will euch auch alles zu Gefallen tun." Da berieten die Räuber sich und verlangten, sie solle ihnen den Haushalt führen. Das versprach sie, und so blieb sie am Leben. Allmählich gewöhnte sie sich an ihre neue Aufgabe, die Wirtschaft zu führen. Jedes Jahr bekam sie von den Räubern ein Kind, aber jedes Neugeborene wurde totgeschlagen. Die grausamen Männer hängten alle ihre kleinen Kinder wie Puppen an einer Leine auf und sangen dazu
Knipperdoehnken, Knipperdoehnken,
ei, wat danzt de jungen Soehnken.

Nachdem sie sieben Jahre in der Räuberhöhle gelebt hatte, überkam sie eine große Sehnsucht, andere Menschen zu sehen und zur Kirche zu gehen. Immer wieder bat sie den Räuberhauptmann, er möge sie doch einmal beurlauben. "Ich will auch keinem Menschen verraten, wo ich gewesen bin", sagte sie, "und komme ganz gewiß wieder zurück." Schließlich gab man ihrem Drängen nach und ließ sie zum Ostergottesdienst nach Damme gehen. Zuvor aber mußte sie einen Eid schwören, daß sie Wort halten werde.

Als die Kirche aus war und die Leute nach Hause gingen, überlegte sie, wie sie die Blicke auf sich lenken könne, ohne ihren Schwur zu brechen. Sie stellte sich an die Kirchenmauer und erzählte ihr so laut, daß alle Vorrübergehenden es hören mußten, ihre ganze Leidensgeschichte. Zum Schluß sagte sie
Kirchenmauer, dir klage ich,
ich heiße Anna Maria Wieverich.
Ich streue Erbsen auf meinen Weg,
bis da, wo ich mich schlafen leg.
Darauf kaufte sie sich einen Beutel voll Erbsen und wanderte mutigen Herzens zu den Räubern zurück. Unterwegs streute sie fortgesetzt einige Erbsen aus, damit man ihre Spur verfolgen könne. Inzwischen erzählten die Kirchgänger in Damme ihrem Pastoren, was für seltsame Kunde sie an der Kirchenmauer vernommen hatten. Der Pastor gab sogleich dem Bischof in Osnabrück Bescheid, und dieser ließ seine Soldaten aufbieten.
Nachdem sie die Dammer Berge umstellt hatten, rückten sie immer dichter zusammen. Die Räuber konnten nicht mehr entwischen, wurden gefangen­genommen und nach Osnabrück geführt. Hier wurden sie nach kurzem Prozeß an den Galgen gebracht und baumelten im Winde, so wie sie einst mit ihren kleinen Kindern umgesprungen waren.

Der Bischof ließ die Räuberhöhle, in der man unermeßliche Schätze fand, zerstören und brannte die ganzen Dammer Berge ab, damit kein neues Versteck für Wegelagerer entstehen konnte. Den Berg über der Räuberhöhle nannte man später den Mordenersberg oder Mordkuhlenberg. Dort ist es bei Nacht nicht geheuer, die Räuber gehen um und erschrecken späte Wanderer mit lautem Lärm.

Ob das Mädchen wieder zu seinen Eltern zurückgekehrt ist, weiß man nicht genau zu sagen. Es wird auch erzählt, daß seine Erbsenspur den Kirchspielsleuten unter Führung des Pastors den Weg zur Räuberhöhle gezeigt habe. Als die Räuber merkten, daß es für sie kein Entrinnen gab, hätten sie in ihrer Wut das Mädchen umgebracht.


Verfasser: Hermann Lübbing







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